Energiedorf Wachtum

Ort: Wachtum, Niedersachsen
Jahr: ab 2010
Länge: 11.242 m
Hausanschlüsse: 225
Leistungen: Planung, Umsetzung, Contracting
Rohr: PEX/Stahl
Heizzentrale:
Kombikessel/Biogasanlage, Öl-Biogas als Spitzenlastkessel, 2 BHKW (550 kW und 360 kW)
Abnehmer: Wohnhäuser, Kirche & Pfarrheim

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Bei der Abschlussveranstaltung des Kreiswettbewerbs „Unser Dorf hat Zukunft“ erlebte die Dorfgemeinschaft eine freudige Überraschung. Erstmalig wurde 2017 ein Sonderpreis zur Thematik „Klimaschutz & Klimaanpassung“ vergeben.

So wurde Wachtum als Energiedorf mit dem Klimaschutzpreis ausgezeichnet, da ein mit Ökostrom betriebenes Wärmenetz für eine deutliche Reduzierung der CO2-Emissionen sorgt.

Wie wurde Energie in Wachtum in der Vergangenheit erzeugt?

Viele Wohnhäuser, Gewerbebetriebe und gemeinnützige Einrichtungen in Wachtum verfügten über veraltete Heizungssysteme, welche den Brennstoffeinsatz nicht effizient umwandeln konnten. Es wurden hauptsächlich noch fossile Energieträger wie Öl und Gas zur Energieerzeugung verwendet.

Für Energieeffizienz und Energieeinsparung ist und war es wichtig, die Wärmeversorgung zu optimieren und an den zukünftig geringeren Wärmeverbrauch durch Sanierungsmaßnahmen anzupassen.

Was sind die Ziele des Energiedorfs Wachtum?

Das Ziel von Wachtum ist es, einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz und damit zur Erreichung der Ziele aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zu leisten. Durch die Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien und Nutzung staatlicher Förderprogramme wurden und wird den Wachtumer Einwohnern die Möglichkeit gegeben, ihr veraltetes Heizungssystem gegen ein modernes, wirtschaftlich und effizient arbeitendes System zu tauschen.

Fast in jedem Wärmenetz ergeben sich Möglichkeiten, den Anteil erneuerbarer Energien an der Strom- und Wärmeerzeugung weiter zu stärken. Wachtum ist dabei, sich mit diesen Techniken im Bereich Wärme und Strom selbst zu versorgen. Es wird zurzeit schon mehr Strom erzeugt, als der Ort selbst für die Versorgung seiner Liegenschaften benötigt. Wie es sich im Laufe der Umsetzung des bestehenden Projektes gezeigt hat, sind die Menschen in Wachtum bereit, auch neue Wege zu gehen, um weitere Potentiale zu nutzen und weiter die CO2-Emissionen zu senken, um Energie einzusparen.

Wie wird erneuerbare Energie in Wachtum erzeugt?

Mit Biogas/Fernwärmenetz

Über 80 % der Gebäude werden heute über ein Fernwärmenetz mit Wärme versorgt. Die ca. 200 angeschlossenen Wärmekunden beziehen die Wärme aus hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung, welche ihre Wärme in das öffentliche Netz einspeist. Somit sorgt eine Biogasanlage für die Grundlastversorgung des gesamten Wärmenetzes. Die Teillast bzw. Spitzenlast wird über zwei weitere mit Erdgas und Biomethan betriebene BHKW erzeugt.

Die BHKW laufen nur dann, wenn der Strom auch wirklich im öffentlichen Netz benötigt wird. Übermengen an Wärme werden über Tag in einem großen Pufferspeicher in Form von heißem Wasser eingelagert und in der Nacht für die Wärmeversorgung der angeschlossenen Gebäude wieder entnommen.

Die erzeugte Wärme wird durch stark gedämmte Rohre, welche im Boden verlegt wurden, bis zu den verschiedenen Wärmekunden geliefert.

Zusätzlich wurden in den meisten Gebäuden neue Energiesparpumpen installiert, was in Summe eine sehr große Reduzierung für den jährlichen Stromverbrauch zur Folge hat.

Meilensteine des Projektes

  • 2009: Anbindung von ca. 50 Wärmeabnehmern an die örtliche Biogasanlage (500 kW)
  • 2014: Errichtung eins Biomethan-BHKW (550 kW) mit Pufferspeicher (225 m³) und ca. 100 neuen Wärmeabnehmern
  • 2015: Errichtung eines Erdgas-BHKW (360 kW) mit ca. 50 neuen Wärmeabnehmern
  • 2017: Technische Zusammenlegung aller Wärmeerzeuger

Mit Windkraft

Die Bürgerwindpark-Windräder drehen sich seit Juli 2010. Auf einem Ackerplateau mit der Größe von 8 ha sind 7 Windkrafträder mit einer Leistung von je 2000 kW (Jahresgesamtarbeit von 28 GWh/a) entstanden. Die Nabenhöhe beträgt 108,5 m, der Rotordurchmesser 82 m. Dies entspricht einer Gesamthöhe von 150 m.

Mit Photovoltaik

Ca. 30 große Solardächer erzeugen regenerativen Strom aus der Kraft der Sonneneinstrahlung. So werden 1,53 GWh eingespeist. Wachtumer Fachbetriebe haben 80 % dieser Anlagen montiert.

Mit Holzheizungen

Es sind ca. 10 Holzheizungen in Wachtum in Betrieb. Damit werden ca. 1,6 GWh an fossilen Erzeugungskapazitäten eingespart. Die Rohstoffe kommen überwiegend aus eigenem Waldbestand, wovon sich ca. 300 ha Wald in Wachtum zu 98 % in Privatbesitz befinden.

Was konnte mit erneuerbaren Energien bis jetzt erreicht werden?

Das Interesse und die Nachfrage nach erneuerbaren Energien und Energieeffizienz waren von Beginn an sehr hoch. So konnten in Wachtum bis jetzt ca. 80 % Haushalte an das Fernwärmenetz angeschlossen werden.

Das Projekt in Wachtum hat eine messbare Auswirkung im Bereich der CO2-Vermeidung. Durch den Betrieb der verschiedenen BHKW wird die Energie wesentlich effizienter hergestellt als mit den früher vorhandenen zentralen Wärmeerzeugern in den Gebäuden.

Im Rahmen der Wärmeerzeugung für das Wärmenetz im Ort Wachtum werden ca. 8,1 GWh im Jahr in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Dieser Energiemix (Biogas/Biomethan/Erdgas) reduziert die CO2-Emissionen um ca. 3.909 Tonnen im Jahr und ermöglicht eine flexible Produktion nach dem optimalen Rhythmus am Strommarkt.

Zusätzlich konnten ca. 400 Umwälzpumpen in den Häusern von Wachtum umgestellt werden auf energieeffiziente Modelle. Die Stromeinsparung pro Pumpe liegt hier bei ca. 500 kWh im Jahr, was in Summe für Wachtum zusätzlichen 200.000 kWh Minderung im jährlichen Stromverbrauch entspricht.

Mit Durchführung des Projektes wurden somit ca. 200 alte Wärmeerzeuger deinstalliert und durch einen effizienten Fernwärmeanschluss ersetzt. Hinzu kommen Energieeinsparungen durch die Windkrafträder, Photovoltaikanlagen und Holzheizungen.